Train Jumping und anderes Alltägliches in Japan
Nachdem ich letzte Woche etwa 40 Minuten auf die JR-Chuo-Line aufgrund eines „Unfalls“ warten musste, und dies der dritte Fall in den letzten 4 Tagen ist, den ich mitbekommen habe, werde ich heute etwas zu Suizidfällen in Japan schreiben. Zunächst ist zu sagen, dass Japan eines der Länder mit der größten Selbstmordrate ist, so dass die japanische Regierung beschlossen hat, Suizid zu bestrafen. Wenn es also flappsig gesagt nicht klappen sollte, hat man zusätzlich zu den Genesungskosten (die ja meistens bei einem Suizidversuch entstehen) auch noch eine Art Bußgeld zu zahlen. Wenn es allerdings klappen sollte, bekommt angeblich die Familie den Bußgeldbescheid. Vielleicht liegt es an der Novemberdepression, jedenfalls sind in den letzten 4 Tagen 3 „Unfälle“ passiert. Bevorzugt werden diese bei der JR-Line durchgeführt, die im Gegensatz zur Metro oberirdisch fährt und daher auch gleismäßig leichter zugänglich ist, hier berechnet sich dann der Bußgeldbescheid auch darin, vor welche Linie man springt. Die Yamanote-Line, die einen Ring um/in Toyko fährt und von der besonders viele Menschen abhängig sind, ist daher teurer als oben genannte Chuo-Line, die nur Osten und Westen verbindet. Allerdings muß ich gestehen, dass ich dies alles nur gehört oder aus nicht 100% verlässlichen Quellen habe, sodass ich für die Richtigkeit des Geschriebenen keine Gewähr nehme!
Ich habe das Glück, „nur“ von der Metro abhängig zu sein. Diese unterscheidet sich in nichts von der JR-Line, außer dass diese meist unterirdisch fährt und die Preise mir auch teurer vorkommen. (Wobei JR im Gegensatz zu den vielen Privatlinien hier auch als teuer gilt!). Die Züge sind alle unglaublich lang (bei der Metro sind es 10 Waggons, bei der JR-Line bis zu 15!) und für deutsche Verhältnisse auch recht breit. Das liegt aber vielleicht auch an der Sitzaufteilung – die Sitzbänke sind nämlich parallel einfach zum Zug, so dass besonders viel Stehplätze vorhanden sind, die zur Rush Hour auch benötigt werden. In dieser bin ich ja meistens unterwegs und meistens kann man auch noch 10cm von seinen Gesicht entfernt ein Buch halten, sich drehen ist dann aber auch schon schwieriger. Letzten Dienstag war es so schlimm, dass nicht mal mehr das Buch ging, geschweige denn eine Kopfdrehung (!). Dies ist aber seltener der Fall. Nicht zu vergessen ist auch die Werbung in den Bahnen, die mich zu Beginn sehr irritiert hat, mir aber mittlerweile gar nicht mehr auffällt. Insgesamt gibt es hier vielmehr Reize, wie grelle Leuchtreklamen, laute Musik und schreiende (besser: anpreisende) Verkäufer.
Was mir sonst noch aufgefallen ist in Kürze:
- Fahrräder: sind grundsätzlich sehr gemütlich, Holland-Rad ähnlich mit Korb vorne. In meinem „Stadtteil“ überall zu finden.
- Küchenabfluss: auch eine Erwähnung wert. Er hat nämlich 16 cm Durchmesser und ich hatte zu Beginn Angst, dass mir mein Besteck reinfällt und ich es nie wieder sehe… bis ich mal die schleimig schwarze Abdeckung abgenommen habe und darunter ein noch schleimigeres schwarzes Sieb (Ursprungsfarbe war hellgrau) zum Vorschein kam. Dieses hat einen Durchmesser von 14 cm und ist etwa 15 cm lang und neu nirgendwo aufzutreiben. Daher habe ich nach einer gründlichen Reinigung mit Zahnbürste und Chlor ein zweites Sieb gekauft, was jetzt über dem anderen Sieb ist. Die schwarze Abdeckung ist leider in den ewigen Jagdgründen entschwunden…
- Oberleitungen: Im Gegensatz zu Deutschland gibt es hier fast nur Oberleitungen, die ziemlich hässlich sind. Mittlerweile habe ich mich aber so daran gewöhnt, dass sie einem nicht mehr auffallen.
- Meishi: Visitenkarten, bekommt man überall von jedem – wenn man etwas interessiert - genauso wie einige Essenseinladungen, die man jedoch nicht immer ernst nehmen sollte.
- Schuhe: Auch ein Thema, was erwähnenswert ist und was ich schon angeschnitten habe. Japanerinnen tragen grundsätzlich Stöckelschuhe jeder Art, Hauptsache mit Absatz. Mittlerweile sind mir schon 10 Damen (hierzu zähle ich alle meine Beobachtungen in ganz Tokyo!) begegnet, die damit auch laufen können. Bei den anderen, die ich gesehen habe, (schätzungsweise 50 000) ist es ein Disaster.
- Schulkleidung: Ja, auch hierzu habe ich schon was geschrieben. Die Schulkleidung der Jungen ist Model 1880 Deutsches Reich, die der Mädchen schwangt zwischen Matrosenlook und Blazer mit Krawatte. Dazu der obligatorische ultra-kurze Rock (manchmal kürzer als der Blazer!). Insgesamt zeigen die weiblichen Wesen der Gesellschaft hier vielmehr Bein – Ausschnitt gibt es dafür aber so gut wie gar nicht.
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