Montag, 3. Dezember 2007

Elista - im Land der Kalmücken

Lang, lang ist's schon wieder her, doch letztes Wochenende waren

wir -
Maria, Miriam und ich -
in Elista der Hauptstadt der autonomen Republik* Kalmückien.
In Kalmückien leben hauptsächlich die Nachfahren einiger Mongolen, die ca. 1620 in die russischen Steppen ausgewandert sind. Die Kalmücken sehen also zu ca. 99% asiatisch aus und sprechen aber neben der immernoch paktizierten kalmückischen Sprache vor allem Russisch. So kamen wir uns irgendwie doppelt fremd vor. Erstens fielen wir im Gegensatz zum sonstigen Russland echt mal äußerlich auf und zweitens passt es irgendwie nicht, wenn mongolisch aussehende Menschen russisch sprechen.
Naja, dafür kamen uns da aber alle gleich viel netter vor, als zum Beispiel in Pjatigorsk.
Auf die Idee, nach Elista zu fahren, kamen wir, da Miriam dort Leute kennt, bei denen wir übernachten konnten. Wir kamen in einem Haus einer christlichen Gemeinschaft unter, welches in Elista von einer Italienerin geführt wird. Von dieser Gemeinschaft gibt es überall in Russland verschiedene "Filialen", die sich hauptsächlich um behinderte Kinder, Waisen und Obdachlose kümmern. Alle waren total nett und man hat sich sofort heimisch gefühlt. Was in den grauen Hochhausblöcken in Pjatigorsk eher selten der Fall ist.
Eigentlich sind wir auch nach Elista gefahren um uns da die buddhistischen Tempel anzugucken, denn der Großteil der Bevölkerung ist buddhistisch.
Naja, irgendwie haben wir jedes Mal, wenn wir in der Stadt waren, verpennt, dass wir den Tempel angucken wollen. So habe ich nur ein paar Fotos im Vorbeifahren machen können. Was an sich aber auch schon beeindruckend war:
Fast direkt gegenüber des Tempels steht eine minikleine aus Deutschland angekarrte Holzkirche der katholischen Gemeinde Elistas, bei deren sehr netten polnischen Priestern wir kurz Teetrinken waren.

Maria, Miriam, Tonia (Kind aus dem Haus), polnischer Priester (dessen Namen ich vergessen habe), Alberta (Leiterin des Hauses), Kirche...

Abgesehen vom Tempel gibt es in Elista eigentlich nur noch die Schach-Stadt zu besichtigen. Diese wurde anlässlich der Schach-Olympiade gebaut und steht seitdem so gut wie leer. Wir sind trotzdem durch diese Geisterstadt, die einer europäischen Bungalow-Siedlung gleicht, geschlendert und bekamen dann sogar nicht Einblick in eine kleines Schachmuseum.
Dort gab es Fotos von vielen, vielen Schachweltmeistern und außerdem die verschiedensten Schachfiguren. Groß, klein, bunt, aus Stein, aus Holz... Die Schach-Olympiade findet 2008 übrigens in Dresden statt.
In der Siedlung selbst gab es nicht viel zu sehen, aber es war wunderschönes, klares Wetter und man konnte sich über die vielen seltsamen Skulpturen wundern.
Mickey-Maus?
Auch in Elista selbst stehen an jeder Ecke Statuen und Skulpturen und lustige Häuschen mit spitzen Dächern.

Die Häuser in der Wohngegend sind auch alle sehr niedlich, haupsächlich in Blau- und Grüntönen gehalten und haben fast alle eine Sonne im Giebel.

Auch derMarkt war sehr schön und ich hab mal wieder versucht Menschen zu fotografieren. Aber da ich mich nie wirklich traue, ist dabei nicht sehr viel rausgekommen. Dabei hätten die mongolischen Marktfrauen echt schöne Motive abgegeben.
Kurz bevor wir wieder in den Bus gestiegen sind, waren wir noch bei einem Konzert anlässlich des Welt-AIDS-Tages. Es wurde angekündigt, es sei ein Rock-Konzert. Ähm, ja...es outete sich dann als eine der vielen Veranstaltungen, die die russischen Unis wohl echt wöchentlich machen. Tanz und Gesang und Sketche(die wir auch diesmal ncith verstanden haben). Es hat sich aber trotzdem gelohnt, da viele der Interpreten auf Kalmückisch gesungen haben und das hört sich ziemlich cool an, auch wenn wir es manchmal für Türkisch gehalten haben, wobei die vielen ch-Laute wohl eher für Arabisch sprechen würden.
Um von der Bühne Fotos zu machen wars natürlich mal wieder zu dunkel, aber dafür konnte ich diese beiden fröhlichen Gesellen einfangen:

Was ich an diesem Ausflug (neben netten Menschen) besonders toll fand, war - das hätte ich nie gedacht - dass es da flach war. Steppe halt. Leichte Hügel, aber sonst einfach ewige Weiten.

Pjatigorsk liegt ja nur am allernördlichsten Anfang des Kaukasus, aber trotzdem sind hier einfach überall Berge. Wenn man auf nem Berg drauf ist (und nicht grade so ein graues Ekelwetter ist wie seit Tagen), dann kann man ja weit sehen, aber wenn man unten ist, dann sind einfach überall immer nur Berge. In der Steppe hab ich dann also festgestellt, dass ich diesen Zustand schon irgendwie beengend finde.

Es war total toll, einfach mal wieder bis zum Horizont zu gucken. (Ok, in einer Großstadt wie Leipzig oder Köln ist das auch eher selten möglich.) Wenn der Sternenhimmel sich von einer zur anderen Seite spannt und man den Übergang zwischen Himmel und Erde fast nicht sieht - wunderbar! (Der Sternenhimmel war allerdings leider nur auf der Hinfahrt im Bus vorhanden, aber naja, immerhin etwas.)

So zum Schluss noch ein etwas frustrierendes Bild, dass zeigt, dass die Kalmücken sich doch nicht so sehr von den üblichen Russen unterscheiden. Von Umweltschutz haben die einfach keine Ahnung und Müll scheinen sie schön zu finden, sonst würden wohl nicht an jeden freien Fleckchen Berge davon rumliegen.


Mit Sehnsucht nach dem Sternenhimmel aus einer grauen Wolke,

Isa

*Russland ist in drei unterschiedliche Verwaltungseinheiten eingeteilt. Oblast (Region), Krai (Gebiet) und Respublika (autonome Republik). Alle drei Arten existieren nebeneinander, am häufigsten vertreten ist die oblast, welche auch meistens die größten Gebiete umfasst. Krai und Respublika gibt es vor allem hier im Kaukasus. Es kann kein Russe so wirklich erklären, wo da eigentlich der Unterschied liegt, sie scheinen alle die gleichen Rechte und Pflichten zu haben. Die Begriffe sind also eigentlich nur geschichtlich zu erklären. Und manchmal - wie im Fall von Kalmückien - werden die einzelnen Regionen von einem bestimmten Volk bewohnt. Aber meistens ist das nicht so streng getrennt.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Den Wunsch nach horizontalem Blick kann ich nachvollziehen. Als ich das erste (und bislang letzte) Mal im Müngersdorfer Stadion war, hatte ich ähnliche Empfindungen: plötzlich konnte man mitten in der Stadt sehen, wie der Himmel an die Erde stößt, und ich bemerkte überrascht, daß mir dieser Blick im Alltag richtig fehlt. Wohl nicht vergleichbar mit kalmückischem Sternenhimmel, aber dafür hat bei Euch auch nicht der FC gegen Schalke verloren(das war nämlich noch zu 1.- Liga-Zeiten).